27.10.2000



Drahtzieher im braunen Zwirn

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Aachener Nachrichten

*   Drahtzieher im braunen Zwirn
Von Pascal Beucker und Marcus Meier

Verfassungsschutz stellte "gefestigte rechtsextreme Strukturen" fest.

Schon seit langem gilt Düsseldorf als eine Hochburg des Rechtsextremismus in den alten Bundesländern. Der Verfassungsschutz hat hier "gefestigte rechtsextreme Strukturen" festgestellt.

Alleine im ersten Halbjahr dieses Jahres registrierte die Polizei 48 rechtsextremistisch motivierte Straftaten in der Stadt. So überfiel im Juli eine Handvoll Skinheads, soeben von einer Probe der Neonazi-Rockband "Reichswehr" kommend und "Deutschland den Deutschen" grölend, zwei Ausländer in einem S-Bahnhof. Sie stießen einen der Männer auf die Geleise und traten ihr Opfer mit Springerstiefeln. Zwei Wochen später wurde ein 19-jähriger Türke in einem Bus von fremdenfeindliche Parolen brüllenden Männern angegriffen. Am 25. September beschimpfte eine alkoholisierte Männergruppe schwarzen Deutschen als "Nigger" und prügelte auf ihn ein.

Ein Kristallisationspunkt der rechten Szene in der Landeshauptstadt ist die "Kameradschaft Düsseldorf", die sich zu den "Grundsätzen der nationalsozialistischen Revolution" bekennt. Sie ist bei fast allen überregionalen Neonaziaufmärschen der letzten Jahre vertreten und betreibt seit 1994 das "Nationale Infotelefon Rheinland".

Aus den USA angemeldet

Im Internet ist die "Kameradschaft" gleich mit zwei Homepages zu finden – angemeldet von dem amerikanischen "NSDAP/AO"-Führer Gary Lauck. Zwei Mitglieder der zehn bis fünfzehnköpfigen Gruppe um ihren Anführer Sven Skoda nahmen schon 1992 und 1993 am Training der von einem rechten V-Mann geleiteten Solinger Kampfsportschule teil, in der auch drei Brandstifter von Solingen trainierten.

Ein von der "Kameradschaft" regelmäßig frequentierter Anlaufpunkt ist der "Survival Security & Outdoor"-Laden des vorbestraften Neonazis Ralf S.. Ihn führt die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft immer noch als "Beschuldigten" im Zusammenhang mit dem Handgranatenanschlag auf die S-Bahn-Station Wehrhahn. Eine Tatbeteiligung war ihm allerdings bisher nicht nachzuweisen. Bei der Explosion waren Ende Juli zehn Einwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion - die Mehrzahl von ihnen jüdischen Glaubens - schwer verletzt worden.

Neben der Schmuddelszene tummelt sich in Düsseldorf noch ein in feinerem, braunen Zwirn gewandeter Kreis um den 30-jährigen Thorsten Lemmer. Er gilt als einer der zentralen rechten Drahtzieher hinter den Kulissen. Der ehemalige Fraktionsgeschäftsführer der Düsseldorfer "Republikaner"-Abspaltung "Freie Wählergemeinschaft" (FWG) gibt eine der populärsten Zeitschriften über Rechtsrock heraus und vertreibt neonazistische Rock-CDs. Ein anscheinend einträgliches Geschäft. So tönt der seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtete Lemmer. "Wenn ich im nächsten Wahlkampf zu meiner Bank gehe und sage, ich brauche eine Million, dann krieg die."


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