11.01.2000



Kommentar: Es riecht nach Filz

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*   Es riecht nach Filz
Kommentar von Pascal Beucker

NRW-Landesregierung legt dünnen Bericht zur Flugaffäre vor.

Flugaffäre oder Luftnummer? Auch die am Montag von der Landesregierung vorgelegte Dokumentation hilft nur wenig, um darauf eine Antwort zu finden. Vieles liegt weiter im Unklaren. Nicht einmal die genau Anzahl der Flüge von NRW-Regierungsmitgliedern mit dem Privatjet-Service der WestLB konnte die nordrhein-westfälische Landesregierung so klären. Fragwürdig bleibt vor allem die Rolle der WestLB.

Warum legt die Landesbank selbst nicht einfach alle Unterlagen über die Politikerflüge vor? Die Landesbank und ihr sozialdemokratischer Chef Friedel Neuber halten sich dagegen weiterhin vornehm zurück. Das Verhältnis zwischen Bank und Regierung bleibt undurchsichtig. Und warum fordert die Landesregierung dies nicht von der WestLB ein? Es vermehrt sich der Eindruck, dass es hier doch etwas zu verbergen gibt. Es riecht nach Filz. Der Untersuchungsausschuss zur "Flugaffäre" jedenfalls ist um seine Aufgabe nicht zu beneiden.

Wenn denn alle Vorwürfe haltlos sind, müsste es schließlich für die Landesregierung und auch für den unter Druck stehenden Bundespräsidenten Johannes Rau ein Leichtes sein, endlich für Klarheit zu sorgen. Ein Anruf von Rau oder Finanzminister Heinz Schleußer bei ihrem Skatbruder Friedel Neuber, dem WestLB-Chef, dürfte genügen. Schließlich ist der Sozialdemokrat Neuber seinen Parteifreunden doch auch ansonsten immer stets zu Diensten gewesen und hat an ihr Wohl gedacht. Beispielsweise, als er 1972 den von der WestLB gemanageten Investmentclub "IC 72" initiierte, zu dessen Gründungsmitgliedern Rau gehört und zu dem er ebenso wie Schleußer und Ministerpräsident Clement bis heute brav seinen Spargroschen trägt.

Unabhängig davon, ob Flugaffäre oder Luftnummer - eines steht schon jetzt fest: Dass Mitglieder der Landesregierung, an vorderster Front Schleußer und wohl auch Rau, immer wieder und gern den teuren WestLB-Learjet in Anspruch genommen haben. Da wurden ohne Not "Dienstflüge" im Privatjet für mehrere zehntausend Mark absolviert, anstatt einfach einen Linienflug für ein paar hundert Mark zu buchen. Das ist nicht unbedingt rechtswidrig. Aber: Die Selbstverständlichkeit, mit der sie den Privatjet-Service in Anspruch nahmen und mit der Clement und die SPD dies bis heute unerschütterlich rechtfertigen, wirft ein bezeichnendes Licht auf die führenden Sozialdemokraten des Landes.


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