28.01.2000



Sozialdemokratischer Landschaftspfleger

Startseite
taz

*   Sozialdemokratischer Landschaftspfleger
Von Pascal Beucker

Friedel Neuber ist seit 81 WestLB-Chef. Da kommt es auf gut gewaschene Hände an.

Eisern hat WestLB-Chef Friedel Neuber jede Auskunft darüber verweigert, wer bei seinen Flügen mit Heinz Schleußer noch an Bord war. Nie hätte er verraten, dass nicht nur er und sein Skatbruder, sondern manchmal auch dessen Freundin dabei war. Alte Genossen halten zusammen.

Am Ende ist es doch herausgekommen. Schleußer ist zurückgetreten. Neuber dürfte das tief getroffen haben. Er ist mit Schleußer seit niederrheinischen Juso-Tagen eng befreundet. Die öffentliche Aufregung um die Flugbereitschaft seiner Bank ist für den mächtigen Vorstandsvorsitzenden der Westdeutschen Landesbank (WestLB) ein Rätsel. Regierung, Landesbank und SPD waren ein eingespieltes Team. Selbstverständlich haben Mitglieder der Landesregierung den Dienst genutzt. Warum nicht auch privat?

Der SPD verdankt der 64-jährige Neuber seine Karriere. Der ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete, dem weder eine Begabung für Fremdsprachen noch eine geschliffene Rhetorik nachgesagt werden, gehört heute zu den mächtigsten Bankmanagern der Republik. Nachdem er 1981 den Vorstandsvorsitz der WestLB übernahm, hat sich die Bilanzsumme des Konzerns beinahe versechsfacht. Während seine beiden Vorgänger über rote Zahlen stolperten, kletterten unter der Ägide des gelernten Industriekaufmanns die Gewinne unaufhaltsam. Gegründet 1969 mit der Zusammenlegung der Landesbanken von Rheinland und Westfalen, ist die WestLB heute die größte Bank öffentlichen Rechts und das drittgrößte Kreditinstitut in der Bundesrepublik. Haupteigentümer ist mit 43,2 Prozent der Anteile das Land NRW. Der Rheinische und der Westfälisch-Lippische Sparkassen- und Giroverband halten je 16,7 Prozent. Den Rest teilen sich die zwei von den Städten und Kreisen des Landes gebildeten Landschaftsverbände.

Über ein ausgedehntes Beteiligungsnetz reicht der Einfluss der Bank weit über NRW hinaus. WestLB-Ableger gibt es in Brüssel, London, Paris, Mailand, Zürich und Luxemburg. An den Landesbanken in Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein hält die WestLB 37,5 und 39,9 Prozent der Anteile. Mit dem Verwaltungsrat der WestLB hatte Neuber bisher keine Probleme. Auf den Posten sitzen größtenteils Genossen, mancher ist ein persönlicher Duzfreund Neubers.

In das "System Neuber" ist seit je auch die Opposition integriert. Der CDU-Landesvorstand nutzte die Geschäftsräume der WestLB für Sitzungen, und die Gruppe der NRW-Bundestagsabgeordneten der CDU traf sich gerne im bankeigenen Schloss Krickenbeck. Geld gab es auch von der WestLB. Großzügige Spenden in fünfstelliger Höhe gingen regelmäßig an SPD und CDU. Der grüne Landessprecher Reiner Priggen, dessen Partei stets leer ausging, hält das für eine "rechtswidrige Parteispendenpraxis". Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft wies Anfang der Woche Priggens Strafanzeige zurück. Es liege kein Anhaltspunkt für ein Vergehen vor.

Die besondere Fürsorge des "Paten" Neuber, wie ihn einige nennen, galt seinen Parteifreunden. So initiierte er 1972 den von der WestLB gemanagten Investmentclub "IC 72". Zu den Gründungsmitgliedern gehört Bundespräsident Johannes Rau, auch Ex-Finanzminister Heinz Schleußer und Ministerpräsident Wolfgang Clement sind mit im Club.

Neubers Art der "Landschaftspflege" reichte noch weiter. Häufiger ließ er Generalstaatsanwälte und führende Justizbeamte des Landes bewirten oder lud Mitarbeiter des Finanzministeriums zum Bootsausflug ein. Alles unverfänglich, wie Wolfgang Clement am Mittwoch im Landtag erklärte. "Ein Verdacht ist nicht begründet." Trotzdem kündigte er an, zukünftig "den leisesten Zweifel ausschließen" zu wollen.


© Pascal Beucker. Alle Rechte an Inhalt, Gestaltung, Fotos liegen beim Autor. Direkte und indirekte Kopien, sowie die Verwendung von Text und Bild nur mit ausdrücklicher, schriftlicher Genehmigung des Autors.