31.01.2000



CDU-Politiker fordern Raus Rücktritt

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*   CDU-Politiker fordern Raus Rücktritt
Von Pascal Beucker

Ole von Beust wagt sich vor: Das Problem des Bundespräsidenten seien nicht einzelne Vorwürfe, sondern sein Umgang mit der Wahrheit. Doch auch an neuen Vorwürfen herrscht kein Mangel.

In der Düsseldorfer Flugaffäre steht nach dem Rücktritt von Finanzminister Heinz Schleußer in der vergangenen Woche nun Bundespräsident Johannes Rau zunehmend in der Schusslinie. Nach neuen Vorwürfen gegen Rau forderten die CDU-Politiker Christian Wulff und Ole von Beust den Rücktritt des Bundespräsidenten. Wulff erklärte im Focus, die SPD solle "Johannes Rau zurückziehen". Von Beust kritisierte im "Deutschlandfunk", durch die Nachbesserungen früherer Angaben habe Rau sich und sein Amt beschädigt. Das Problem des Bundespräsidenten seien nicht einzelne Vorwürfe, sondern sein Umgang mit der Wahrheit. Daher werde er um einen Rücktritt nicht herumkommen. Der Landesvorsitzende der NRW-CDU, Jürgen Rüttgers, warnte hingegen vor voreiligen Rücktrittsforderungen. Mehrere SPD-Politiker stellten sich hinter Rau.

Am Wochenende hatten die Anwälte Raus einräumen müssen, dass ihr Mandant den Flugbereitschaftsservice der Westdeutschen Landesbank (WestLB) nicht ausschließlich dienstlich genutzt hat. Es habe "einige Situationen" gegeben, so Rau-Anwalt Gernot Lehr, "in denen Rau gelegentlich dienstliche Termine mit Parteiterminen verbunden hat". Es seien jedoch nur "einige wenige Fälle" gewesen, bei denen es auf Grund terminlicher Überschneidungen keine andere Möglichkeit gegeben habe. Allerdings hebe dies "den jeweiligen dienstlichen Anlass der Flüge nicht auf", erklärte Lehr. Nach Recherchen des Focus soll Rau mindestens 10-mal auf Kosten der WestLB zu Wahlkampfauftritten und SPD-Parteitagen geflogen sein.

Lehr bestätigte zudem, dass sich Rau am 23. Dezember 1993 von der WestLB vom südenglischen Lydd nach München fliegen ließ, um von dort aus mit seiner Familie ins oberbayerische Elmau in den Urlaub weiterzureisen. Raus Teilnahme an der Geburtstagsparty Helmut Schmidts in England habe sich "sehr kurzfristig" ergeben und sei "zwingend erforderlich" gewesen. "Weil er deswegen den gebuchten Flug verpasst hat, hat er seinen dienstlich veranlassten Rückflug von England nach München umdirigiert." Auch Spitzenpolitiker müssten das Recht haben, am Tag vor Heiligabend ihre Familie zu treffen, betonte der Anwalt. Warum der Trip zu Schmidt als Dienstreise zu werten ist, erläuterte Lehr indes nicht.

Entschieden wies der Anwalt Berichte zurück, nachdem der ehemalige Ministerpräsident dem Düsseldorfer Untersuchungsausschuss mehrere Flüge verschwiegen haben soll. Für eine solche Behauptung gebe es "keinen Anhaltspunkt". Laut einer Aufstellung, die die Rau-Anwälte Anfang letzter Woche dem Untersuchungsausschuss des Landtags übergeben hatten, flog der ehemalige NRW-Ministerpräsident insgesamt 45-mal mit Maschinen der WestLB. 37 dieser Flüge seien dienstlich veranlasst gewesen, 8-mal sei er bei von der Bank ohnehin angesetzten Flügen mitgereist. Dass die Liste erst 1987 anfängt, obwohl der Untersuchungsausschuss alle WestLB-Politiker-Flüge ab 1985 aufklären soll, erklärte Lehr damit, dass für die Zeit davor "die Kalender nicht zur Verfügung standen".


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