Der
Vorsitzende der nordrhein-westfälischen SPD wurde fast
einstimmig wieder gewählt, weil er der Biedermann der
Partei ist.
Nur für
drei Minuten sah Franz Müntefering schwarz, als während
seiner umjubelten Rede auf dem Landesparteitag der
nordrhein-westfälischen SPD der Strom ausfiel. Und das
gerade, als er die drei Gründe aufzählen wollte, warum
bei der Landtagswahl am 14. Mai die SPD gewählt werden
sollte. Doch aus dem Konzept brachte ihn das nicht. Denn
zur Zeit kann den Landesvorsitzenden nichts erschüttern.
Ohne
Gegenstimmen und bei gerade mal einer Enthaltung wählten
die Parteitagsdelegierten ihren "Münte" am
Wochenende erneut zum Landeschef. 99,65 Prozent der
Stimmen - ein bemerkenswertes Ergebnis für einen
Politiker, der so gar nichts von einem Volkstribun hat,
jeglichen gesellschaftlichen Utopien abhold ist
("Wir verlieren uns nicht in Träumen.") und
nicht einmal im Sauerland als rhetorisches Talent gilt.
Doch:
Seit seiner Inthronisierung als Generalsekretär geht es
für die SPD wieder bergauf. Die Sozialdemokraten sind
dank CDU-Finanzskandal im Quotenhoch, und die Partei
scheint einig wie lange nicht mehr - nicht unmaßgeblich
sein Verdienst. Denn er hält den
"Modernisierern" Schröder und Clement den
Rücken frei, in dem er vortrefflich die
Traditionsbedürfnisse der sozialdemokratischen Basis
bedient.
Mit
Cohiba würde er sich nie sehen lassen, der Sauerländer
steht für Bodenständigkeit. Er ist ein
sozialdemokratischer Biedermann - und damit ein
hervorragender Repräsentant der traditionsbewussten
nordrhein-westfälischen Sozialdemokratie. Gleich
mehrfach betont er seine Vorstellung von Politik: Die SPD
wolle regieren, "weil wir dem Land
Nordrhein-Westfalen dienen wollen". Die Partei dankt
es ihm.
Und so
strotzt Müntefering auch dieser Tage vor
Selbstbewusstsein. Als Motivationsslogan dient ihm dabei
ein Heine-Zitat: "Schlaget die Trommel und fürchtet
Euch nicht." Bei der Landtagswahl will er zusammen
mit Ministerpräsident Wolfgang Clement die absolute
Mehrheit für seine Partei holen. Koalitionsaussagen gibt
es von ihm nicht. "Wir machen einen Wahlkampf aus
eigener Kraft und mit eigener Perspektive - keinen
Koalitions- und keinen Bündniswahlkampf", rief er
am Wochenende den Delegierten entgegen. Zeitweise habe
man das Gefühl gehabt, so Müntefering über das für
seine Partei schwierige vergangene Jahr, die SPD habe
nach dem Motto gehandelt: "Wo wir sind, ist das
Chaos, aber wir können nicht überall sein." Das
sei nun anders. Jetzt gelte: "Wo wir sind, ist der
Fortschritt, und bald sind wir überall."
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