Aus
der Koalition mit den Sozialdemokraten in
Nordrhein-Westfalen wird wohl nichts, das muss auch
Jürgen Möllemann einsehen. Jetzt bläst er zu neuen
Taten: Die FDP soll Volkspartei werden. Die CDU erklärt
er für erledigt, die FDP soll sie beerben.
Strahlende
Sieger sehen anders aus. Zwei Wochen nach der
Landtagswahl ist die euphorische Stimmung bei Jürgen W.
Möllemann verflogen. Der graue Alltag hat den liberalen
Zampano eingeholt. Träume sind ihm zwar geblieben, der
Traum von der Regierungsbeteiligung in
Nordrhein-Westfalen scheint jedoch ausgeträumt.
Und so
beschäftigte sich Möllemann gestern auch nur noch
beiläufig mit den rot-grünen Koalitionsverhandlungen in
Düsseldorf. Es sei "eine Missachtung des
Wählerwillens", wenn "gegen eigene
Überzeugung und wider besseres Wissen "
Ministerpräsident Wolfgang Clement die "Streit- und
Stillstandskoalition" fortführen wolle. Dass sich
Clement noch umentscheiden könnte, daran glaubt
allerdings anscheinend nicht einmal mehr der notorische
Optimist Möllemann - auch wenn er selbstverständlich
sein Angebot an die SPD pflichtgemäß wiederholte.
Seine
eigene Rolle sehe er in NRW "als Bildungsminister
oder als Oppositionsführer". Es sieht nach
Letzterem aus, und so sucht Möllemann die Flucht nach
vorne. Statt über das voraussichtliche Scheitern seines
Werbens um die Sozialdemokraten an Rhein und Ruhr zu
sprechen, redet er nun wieder über sein Lieblingsthema:
die eigene Partei.
Für die
plant er Großes: 18 Prozent soll die Zielzahl bei der
Bundestagswahl 2002 sein. Das habe nichts mit
Größenwahn zu tun, beteuert der FDP-Landeschef.
"Entscheidend ist vielmehr, dass die FDP als Ganzes
nicht so weitermacht wie vor den Wahlsiegen in Kiel und
Düsseldorf."
Das
Selbstverständnis der FDP müsse sich "von der
Nischenpartei zur Volkspartei mausern", forderte er.
Schließlich sei der Niedergang der Christdemokraten eine
europaweite Tendenz. Auch in der Bundesrepublik stünde
die Frage auf der Tagesordnung, "was aus der CDU
wird, wer an ihre Stelle tritt und wie viele". Die
Freidemokraten müssten "aus dem mentalen Gefängnis
,dritte Kraft' ausziehen". Deshalb starte er nun das
"Projekt 18" für NRW und auch für die
Bundespartei.
Was der
FDP-Vorsitzende Wolfgang Gerhardt davon hält? "Ich
denke, er ist angetan davon", antwortete Möllemann.
Das ist zweifelhaft. Denn Gerhardt dürfte genau
vernommen haben, dass sein Sturz nach Ansicht des
Hobby-Fallschirmspingers nur verschoben ist. Dem
18-Prozent-Ziel "werden Personalentscheidungen eines
Bundesparteitages zur rechten Zeit entsprechen", so
Möllemann. "Die NRW-FDP steht für nichts, außer
,gegen Gerhardt'", spottet SPD-Fraktionschef Edgar
Moron.
Während
Möllemann gedanklich in bundespolitischen Höhenflügen
schwelgt, muss der ehemalige Vizekanzler zunächst die
Tristesse der Oppositionsbank in Nordrhein-Westfalen
bewältigen. Verblasst sind die gemeinsamen Bilder von
Möllemann und Clement, auf denen sich die zwei wie
frisch Verliebte gut gelaunt zuzwinkerten. Zur Zeit sieht
es danach aus, als bliebe es beim One-Night-Stand.
Schon vor
der konstituierenden Landtagssitzung am Freitag
scheiterte Möllemann gleich zweimal am für ihn nur
schwer erträglichen Beharrungsvermögen der
Alteingesessenen. Die von der FDP-Fraktion beanspruchten
bisherigen Grünen-Fraktionsräume auf einer Ebene mit
SPD und CDU will ihm der sozialdemokratische
Landtagspräsident Ulrich Schmidt nicht überlassen und
bot nur Räume eine Etage tiefer an. Zudem hatte die neu
ins Parlament eingezogene FDP als selbst ernannte
"Partei der Mitte" im Landtag in der Mitte
sitzen wollen. Dort bleiben jedoch nach Beschluss des
Ältestenrates weiterhin die Grünen. Die Liberalen
müssen nun ganz außen, rechts von der CDU, Platz
nehmen.
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