19.09.2000



'ne echte Kölsche Jong

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taz

*   'ne echte Kölsche Jong
Von Pascal Beucker

Kölns neuer OB heißt Fritz Schramma und hat schon so einige politische Wandlungen hinter sich.

Fritz Schramma (CDU)Gerade war das vorläufige amtliche Endergebnis verkündet, da marschierte das Blasorchester der "Domstädter" ins Kölner Rathaus ein und intonierte "In unserem Veedel". Ein passender Abschluss der Oberbürgermeisterwahl: Immer wieder hatte sich der siegreiche CDU-Kandidat Fritz Schramma als "ne echte Kölsche Jong" angepriesen. Seine Gegenkandidatin denunzierte der Studiendirektor hingegen als "Zugereiste", die erst seit vierzig Jahren in der Domstadt lebe und nicht richtig Kölsch könne.

Das zumindest kann Schramma. Wie könnte es anders sein bei einem, der die Stadthöchstens für einen Mallorca-Urlaub verlässt. Schramma wohnt in Köln, ist in Köln geboren, in Köln zur Schule gegangen und hat in Köln studiert. Und während seine Konkurrentin im Wahlkampf auf Bundes- und Landesgrößen setzte, spottete er: "Es wäre das erste Mal, dass sich die Kölner von den Preußen sagen ließen, was sie zu tun haben - soll wirklich die ,Letzte in Düsseldorf` die ,Erste in Köln' werden?"

Mit solchen Sprüchen traf der Christdemokrat den Nerv der Wähler. Noch vor einem drei viertel Jahr war er ein fast unbekannter Hobbypolitiker. Erst der Tod seines populären Parteifreundes Harry Blums im März ließ Schramma ungewollt ins Rampenlicht treten. Mitten im Karneval übernahm er kommissarisch die Amtsgeschäfte - und das hieß vor allem: viele Auftritte und eine Bekanntheit, an die Brunn trotz Ministertätigkeit in Düsseldorf nicht herankam.

Wer Schramma für einen einfältigen Provinzler hält, unterschätzt den 53-Jährigen. Denn zu Köln gehört nicht nur Lokalpatriotismus - die Kölner sind auch stolz auf ihre demonstrative Liberalität und Toleranz. Schramma hat das frühzeitig begriffen. Mit dem Slogan Köln sei "weder schwarz noch rot, sondern bunt" warb er in dem schwul-lesbischen Monatsmagazin Queer und bot sich "den vielen Menschen, die hier in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften leben, als Gesprächspartner" an.

Schramma trat für die eingetragene Partnerschaft ein, sprach sich gegen die "Kinder statt Inder"-Kampagne des CDU-Landesvorsitzenden Jürgen Rüttgers aus, betonte immer wieder sein freundschaftliches Verhältnis zu den in Köln traditionell starken Grünen und versprach, die Ratskooperation mit ihnen nach der Wahl zu intensivieren. Die Grünen dankten es ihm, indem sie auf einen Wahlaufruf zugunsten Brunns verzichteten.

Trotzdem: Schramma ist kein Liberaler. An der Kampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft etwa beteiligte er sich - denn die lag lange vor seiner Nominierung zum Kölner OB-Kandidaten.


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