23.03.2000



Was kommt nach Harry?

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*   Was kommt nach Harry?
Von Pascal Beucker

Am Freitag nehmen die Kölner Abschied von Harry Blum. In den Kölner Parteien hat das Gerangel um die Nachfolgekandidaten begonnen.

Eine Trauerfeier in der Piazetta des Rathauses für geladene Gäste, ein für alle Bürgerinnen und Bürger offenes Requiem im Dom, danach die Überführung im Konvoi nach Sürth – am Freitag nimmt Köln Abschied von Harry Blum.

Nach der neuen Gemeindeordnung, die am heutigen Donnerstag vom Düsseldorfer Landtag verabschiedet und am 1. April in Kraft treten wird, muss der Nachfolger des 169-Tage-Oberbürgermeisters in einer Direktwahl nachgewählt werden, und nicht, wie bisher vorgesehen, im Stadtrat. Die Wahl, die erst nach den Sommerferien – voraussichtlich im August oder September – stattfindet, könnte Köln einen OB mit Rekordamtszeit bescheren: Er wird für neun Jahre gewählt.

Zudem hat die SPD gute Chancen, die bei der Kommunalwahl im Herbst letzten Jahres durcheinander gewirbelten politischen Verhältnisse in der Domstadt aus ihrer Sicht wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen. Schon mit dem Ableben Blums haben CDU und FDP ihre absolute Ratsmehrheit verloren, mit der Wahl eines Sozialdemokraten dürfte die schwarz-gelbe Koalition beendet sein: Gegen einen SPD-Oberbürgermeister ließe sich nicht regieren.

Eine erste Sitzung, auf der über das Verfahren zur Findung eines geeigneten OB-Kandidaten beraten werden sollte, sagte die SPD am Dienstag kurzfristig ab. Sie will zunächst die Beisetzung Blums abwarten. Doch ein Name wird in der Partei heiß gehandelt: Regierungspräsident Jürgen Roters. SPD-Parteichef Kurt Uhlenbruch hat bereits am Montag ein erstes Gespräch mit dem Antwerpes-Nachfolger geführt. Dessen Vorteil: Er ist unbelastet von den für Außenstehende ohnehin nicht nachvollziehbaren SPD-Flügelkämpfen.

Auch bei der CDU könnte das Köln-OB-bewährte Motto, wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte, zum Tragen kommen. Denn für die Christdemokraten stellt sich wieder die große historische Frage: Bietmann oder Blömer? Da unwahrscheinlich ist, dass einer der beiden verfehdeten großen CDU-Bs dem anderen den Vortritt lässt, gilt Bürgermeister Fritz Schramma als der ideale Kompromisskandidat. Noch will sich der 52-jährige Oberstudiendirektor „aus Pietät“ allerdings nicht zu seinen Ambitionen äußern.

Nachdem den Grünen ihre „natürliche“ Kandidatin Anne Lütkes, die im September erst in der Stichwahl Blum unterlegen war, nach Kiel entschwunden ist, werden auch sie mit neuem Personal antreten müssen. „Das muss allerdings nicht unbedingt einer aus der Fraktion sein“, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Jörg Frank gegenüber der taz. Allerdings stehe die Frage, wer für die Grünen im Herbst zur OB-Wahl antrete, derzeit nicht an erster Stelle der grünen Prioritätenliste, so Frank. Denn zunächst muss die Partei klären, wen sie als Nachfolger für Lütkes als Bürgermeister nominieren will. Vier bis fünf aus der grünen Ratsfraktion sollen ernsthaft an dem Job interessiert sein.

Vielleicht gehen jedoch alle leer aus: FDP-Chef Ralph Sterck würde den Posten lieber an die CDU vergeben – als Strafe dafür, dass die Grünen seine Wahl zum Aufsichtsratsvorsitzenden der Stadtwerke-Wohnungsbaugesellschaft verhindert haben.


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