26.10.2000



Der neue Geißler

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taz

*   KOMMENTAR: Der neue Geißler
Von Pascal Beucker

Die Nominierung von Laurenz Meyer zum neuen CDU-Generalsekretär ist eine Ohrfeige für den nordrhein-westfälischen CDU-Landeschef Jürgen Rüttgers.

Ohne Zweifel ist Meyer eines der größten politischen Talente der NRW-CDU. Wie er es als Vorsitzender des HDO-Untersuchungsausschusses und auch als Landtagsfraktionschef in der WestLB-Flugaffäre verstand, die Landesregierung in die Enge zu treiben, nötigte Respekt ab. Seine etwas ungelenke Rhetorik ließ ihn dabei authentisch erscheinen: Hier schien jemand an der Wahrheit und nicht nur an plumper Parteipolitik interessiert zu sein. Ihn auf den Vor-Rente-Posten des Landtagsvizepräsidenten abgeschoben zu haben, nur um einen unliebsamen Konkurrenten loszuwerden, war eine der größten politischen Dummheiten von Rüttgers. Nun ist Meyer wieder da.

Eine inhaltliche Richtungsänderung der Bundes-CDU ist der Wechsel vom Westfalen Polenz zum Ostwestfalen Meyer nicht. Auch wenn die Tonlage wechseln mag, die Melodie bleibt gleich. Weder Polenz noch Meyer sind Dumpfkonservative wie der CDU/CSU-Bundestagsfraktionschef Merz. Aber Meyer ist auch - ebenso wie Polenz -keiner, der den rechten Parolenschwingern in der CDU Einhalt gebieten wird. Dazu sind beide zu sehr Parteisoldaten. Nicht vergessen werden sollte auch, dass beide die unsägliche "Kinder statt Inder"-Kampagne ihres Landeschefs verteidigten.

Der Unterschied zwischen dem alten und dem neuen CDU-General: Meyer versteht sein Handwerk. Er ist in der Lage, funktionsadäquat zu agieren. Das hat im Landtag eindrucksvoll bewiesen. Hier gleicht er Kohls langjähriger "Speerspitze" Heiner Geißler. Der wusste auch stets, was in seiner jeweiligen Funktion angesagt war - wann es ums Wadenbeißen und wann es ums "Querdenker" ging, wann der Schöngeist und wann der Stammtisch zu bedienen war.


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