Der Kölner
Politikwissenschaftler Christoph Butterwegge (52) über die Folgen von
Raus Unterschrift und die Zuwanderung im Wahlkampf.
Herr Butterwegge,
welche Auswirkungen wird die Unterschrift des Bundespräsidenten auf
den Wahlkampf haben?
Christoph
Butterwegge: In der Endphase des Bundestagswahlkampfes kann die
Frage, wie mit Zuwanderung umzugehen ist, zum Schlüsselthema werden
und das weitgehend offene Duell um die Kanzlerschaft mit entscheiden.
Die Union wird nun verstärkt versuchen, Rot-Grün durch Konzentration
auf das Gebiet "Zuwanderung, Ausländer und multikulturelle
Gesellschaft" als Gefahr für die nationale Sache darzustellen
und in die Defensive zu drängen.
Kann denn das
Thema Zuwanderung überhaupt aus dem Wahlkampf herausgehalten werden?
Christoph
Butterwegge: Nur die Art und Weise, wie Politiker der
"Mitte" fremdenfeindliche und rassistische Stimmungen in
Stimmen für die eigene Partei verwandelt wollen, gibt Anlass zu
schlimmen Befürchtungen. Zuwanderung wird da als Bedrohung für den
"eigenen Volkskörper", der Migrant selbst als
"Wirtschaftsasylant", "Sozialschmarotzer" oder
potenzieller Krimineller dargestellt. Aber auch wer mit Blick auf
Migration und multikulturelles Zusammenleben von einer
"Bereicherung" spricht, beurteilt Menschen in erster Linie
nach ihrem Wert für Deutschland oder den "Wirtschaftsstandort
D". Damit bereitet man den geistigen Nährboden für Rassisten,
die Ausländer, Behinderte und andere "Randgruppen" für
wenig produktiv erachten und sie deshalb ausgrenzen, ausweisen oder im
Extremfall ausmerzen wollen.
Sie haben die
Reden von Politikern und die Berichterstattung etablierter Medien mit
den Äußerungen rechtsextremer Publikationsorgane verglichen. In
welchem Verhältnis zueinander stehen denn die "Themen der
Rechten" und die "Themen der Mitte"?
Christoph
Butterwegge: Neonazis und andere Rechtsextremisten beziehen sich
im Rahmen ihrer Agitation und Propaganda zunehmend auf Politiker und
Publizisten der "Mitte", die zu Stichwortgebern für
antidemokratische Kräfte werden und ihnen teilweise regelrechte
politische Steilvorlagen liefern. Umgekehrt greift die
"Mitte" nicht selten Problemstellungen auf, die zuerst nur
in ultrarechten Kreisen erörtert worden sind, weshalb es immer mehr
Überlappungen und ideologische Schnittmengen zwischen Themen der
Rechten und solchen der Mitte gibt. Dies gilt insbesondere für den
ganzen Bereich "Zuwanderung", für die Forderung nach einer
"deutschen Leitkultur" und für den angeblich fehlenden
Nationalstolz.
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