17.06.1999



Interview mit Viraj Mendis

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taz

*   "Die Grünen sind nicht mehr unsere Freunde"
Von Pascal Beucker

Seit acht Jahren lebt Viraj Mendis aus Sri Lanka in der BRD. Doch Asyl bekommt der 43jährige nicht. Auch nicht bei den Kölner Grünen, die ihn und 13 weitere Mitglieder der "Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen" aus ihrem Büro räumen ließen.

Wer ist denn von Ihnen der Drogendealer?

Viraj Mendis: Drogendealer?

Die Vorstandssprecherin Heidi Näpflein hat auf einer Pressekonferenz nach der Räumung des Grünen-Büros erklärt, es hätte Informationen gegeben, bei der Besetzung sei auch mit Drogen gehandelt worden.

Viraj Mendis: Einen solchen Vorwurf höre ich zum ersten Mal. Das ist einfach unglaublich. Was passiert hier eigentlich? Solche Vorwürfe passen zur Propaganda der "Republikaner" oder der DVU. Und sowas kommt jetzt von den Grünen? Wir haben im Büro der Grünen einen Hungerstreik gemacht. Weil bei einem Hungerstreik schon das Rauchen gefährlich für den Körper ist, hatten wir uns selbst das verboten. Und wir tranken nur Wasser.

Die Grünen sehen sich als "Menschenrechtspartei". Sie haben in den letzten elf Tagen hautnah miterleben können, was sie darunter verstehen. Wie bewerten Sie nun diese Politik?

Viraj Mendis: Heute haben wir gesehen, was sie sich unter Menschenrechtspolitik vorstellen: Die Grünen haben unsere Räumung veranlaßt. Heute kamen zehn bis fünfzehn Polizisten herein und wir wurden festgenommen. Die Polizei hat uns dann sogar das Reden verboten, als wir unser Verhalten in Gefangenschaft absprechen wollten. Als ich trotzdem weiter geredet habe, wurde die Polizei gewalttätig. Drei Polizisten sprangen auf mich, fesselten mich und versuchten, mich ruhigzustellen. Dann wurde ich aus dem Raum gezehrt und in einen Polizeitransporter gesperrt. Die Grünen haben der Polizei die Türen geöffnet und sie hereingebeten. Das Ergebnis: Unser Freund Ravi Tharunalingam wird immer noch festgehalten. Morgen kann er bereits abgeschoben werden. Seit sechs Jahren lebt Ravi ist bereits in Deutschland. Aber der deutsche Staat will ihm kein Asyl gewähren. Jetzt droht ihm dank der Grünen unmittelbar die Abschiebung. Normalerweise versuchen die Grünen, Abschiebungen zu verhindern. Oft können sie sie nicht verhindern, weil sie sich in einer ohnmächtigen Lage befinden. Aber hier sind sie diejenigen, die eine Abschiebung aus eigener Kraft betrieben haben. Sie wußten, daß es hier unter uns Besetzern Leute gab, denen eine Abschiebung droht. Und sie riskierten deren Abschiebung, um ihr Problem mit der Besetzung ihrer Räume zu lösen. Meiner Ansicht nach ist die gesamte grüne Partei jetzt dafür verantwortlich, was mit Ravi passiert. In seiner Heimat droht im Folter und Tod. Wenn ihm etwas zustoßen sollte, wird unsere Karawanen-Kampagne mit aller Kraft gegen die Grünen arbeiten. Wissen Sie, falsche Freunde sind gefährlicher als richtige Feinde. Und die Grünen sind nicht mehr unsere Freunde. Das ist nun sicher. Denn das einzige was wir von den Menschen fordern, ist es prinzipienfest zu sein. Die Grünen haben ihre Prinzipien verraten.

Was werden nun Ihre nächsten Aktivitäten sein.

Viraj Mendis: Wir werden an den von Donnerstag bis Samstag geplanten Protestaktionen gegen den Weltwirtschaftsgipfel sehr aktiv teilnehmen. Wir sind als Karawane zum Beispiel eine der Initiativgruppen des Gegengipfels. Am Samstag werden wir als Karawane der Flüchtlinge mit Teilnehmern der indischen Karawane als ausländischer Block die Großdemonstration anführen. Unser gemeinsamer Slogan wird sein: Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört. Wir wollen so gegen die neoliberale Politik protestieren, die nicht nur Indien zerstört.


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