![]() 18.03.1999 |
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Von Pascal Beucker |
Der grüne Siegfried
Martsch (46) ist Mitglied des Petitionsausschusses im
nordrhein-westfälischen Landtag Seit Anfang März sitzen die kurdischen Flüchtlinge Fatma Bag, Mikail Göcmen und Mahmut Can - alle drei Teilnehmer am Wanderkirchenasyl - in Abschiebehaft. Kann ihre Abschiebung in die Türkei noch verhindert werden? Siegfried Martsch: In dieser Angelegenheit bin ich in diesen Tagen mehrfach aktiv gewesen. In Kürze werde ich Fatma Bag im Hafthaus in Neuss besuchen und auch ein Gespräch mit der zuständigen Ausländerbehörde in Euskirchen haben. Im Falle der anderen beiden gibt es umfangreiche Gespräche der Anwälte, anderer Unterstützer und auch meinerseits mit den zuständigen Ausländerbehörden in Lippe und Minden-Lübbecke. Da bin ich optimistisch, daß dort in den nächsten Tagen die Entlassung aus dem Hafthaus Büren ansteht. Sie waren gerade in der Türkei. Halten Sie es für verantwortbar, Kurden in die Türkei abzuschieben? Siegfried Martsch: Nein. Kurden - gerade solche, die auch noch politisch aktiv sind, und wo bekannt ist, daß sie politisch aktiv sind - in die Türkei abzuschieben, halte ich eigentlich für unzulässig. Ich bedaure, daß es im Moment nicht möglich ist, einen Abschiebestop für Kurden in die Türkei hinzubekommen. Das liegt nicht alleine am mangelnden Willen der Bundesregierung, sondern auch daran, daß solch eine Regelung die Zustimmung aller Bundesländer benötigt. Das heißt, daß auch die Zustimmung eines Herrn Beckstein notwendig wäre. Meiner Meinung nach ist es unverantwortlich, in die Türkei abzuschieben. Darüberhinaus müßte versucht werden, eine Kurdistan-Konferenz zu organisieren, mit der die Türkei gedrängt werden könnte, endlich eine demokratische Perspektive für die Kurden in der Türkei zu eröffnen Doch die Realität ist eine andere. Es wird munter weiter abgeschoben. Siegfried Martsch: Ja, leider. Am 10. März hat nun sogar noch das Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen ein Urteil gefällt, daß Abschiebungen auch von PKK-Kadern für zulässig erklärt - unter der Voraussetzung, daß die Türkei eine völkerrechtsverbindliche Erklärung abgibt, daß nicht gefoltert wird. Das halte ich für lächerlich. Ich weiß nicht, auf welchen Stern solche Gerichte leben. Einen Staat, der die Menschenrechtskonvention unterschrieben hat und sich nicht daran hält, wird sich auch nicht an eine Vertragslösung halten. Wer in Deutschland gegen die bestehende Rechtsordnung verstoßen hat - egal aus welchen Gründen, der Zweck heiligt nicht die Mittel -, der hat sich hier unserer Justiz gegenüber zu verantworten. Das will ich ausdrücklich betonen. Aber ich bin gegen eine Doppelbestrafung. Und vor allem bin ich dagegen, daß am Ende eine Bestrafung herauskommt, die in keiner Weise mit demokratischen Grundsätzen in Einklang zu bringen ist. |
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