Barbara
Moritz, grüne Kandidatin bei der Kölner
Oberbürgermeister-Wahl am Sonntag, über verlorene
Stimmen und einen Wahlkampf ohne Show.
Frau
Moritz, nach den letzten Umfragen sollen Sie am Sonntag
nur zehn Prozent der Stimmen bekommen. Damit sind Sie
noch weit von ihrem Ziel 15 Prozent plus X entfernt. Was
haben Sie falsch gemacht?
Barbara
Moritz: Ob ich soviel falsch gemacht habe, weiß
ich nicht. Diese Wahl ist ganz stark auf die Kandidaten
von SPD und CDU fokussiert. Viele Leute glauben, dass
ihre Stimme verloren ist, wenn sie nicht einen dieser
beiden Kandidaten wählen und es nicht zu einer Stichwahl
kommt. Es wird aber mit größter Wahrscheinlichkeit zu
einer Stichwahl kommen, so dass eine Stimme für mich im
ersten Wahlgang durchaus nicht verloren ist.
Verloren
wäre sie doch nur dann nicht, wenn Sie in die Stichwahl
kommen. Glauben Sie das ernsthaft?
Barbara
Moritz: Nein. Aber ein gutes Ergebnis im ersten
Wahlgang stärkt unsere Position gegenüber den anderen
Fraktionen und unsere Arbeit in den vier folgenden
Jahren. Wenn jetzt der Trend der letzten Kommunalwahl zu
Schwarz-Gelb gefestigt würde, würde das politisch
signalisieren, dass das Ergebnis der letzten Kommunalwahl
nichts mit dem Heugel-Skandal zu tun hatte, sondern dass
die Mehrheiten in Köln tendenziell in eine andere
politische Richtung gehen. Wenn aber insgesamt Rot-Grün
politisch gestärkt würde, würde das der CDU und FDP in
Köln zeigen, dass die Bürger nicht das wollen, was sie
bisher auf die Schiene gesetzt haben. Und das würde sie
politisch unter Druck setzen.
Haben
Sie anders als die Konkurrenz zu wenig Show gemacht?
Wäre das nichts gewesen: Sie, eine Woche auf dem
Roncalliplatz in einer Biotonne?
Barbara
Moritz: Wir haben versucht, Profil dadurch zu
gewinnen, dass wir uns nicht an diesem Larifari-Wahlkampf
beteiligt haben. Die unterschiedlichen Parteien haben ja
auch unterschiedliche Wählerklientel. Ich kann mir
einfach nicht vorstellen, dass unsere Wähler auf Show
abfahren.
Warum
hat konkrete Stadtpolitik im Wahlkampf der beiden
aussichtsreichsten Kandidaten eine so geringe Rolle
gespielt?
Barbara
Moritz: Die großen Volksparteien versuchen, die
ganze Bandbreite von links bis rechts, politisch bis
unpolitisch abzudecken. Ihnen ist eigentlich jedes
beliebige Thema recht. Aber dass die beiden mit ihrem
wenig sachorientierten Beliebigkeitswahlkampf gut beraten
waren, glaube ich nicht.
Welche
Fragen sind aus ihrer Sicht in Diesem Wahlkampf alle
nicht gestellt worden?
Barbara
Moritz: Alle wichtigen Fragen haben eine sehr
geringe Rolle gespielt. Zum Beispiel die Verkehrspolitik,
Entwicklungskonzepte für die Stadt, Aussagen zur
Wohnungspolitik oder Fragen der Bürgerbeteiligung. Das
sind Dinge, die für mich an erster Stelle stehen.
Angenommen,
keiner der Kandidaten erhält am Sonntag die absolute
Mehrheit, und Sie kommen nicht in die Stichwahl, was
werden Sie dann ihren Wählerinnen und Wählern für den
17. September empfehlen?
Barbara
Moritz: Das können Sie mir jetzt noch nicht
entlocken. Ich werde am 3. September konkret etwas dazu
sagen. Eigentlich ist keiner der Kandidaten für uns
einer Empfehlung würdig. Fritz Schramma hat mit seinem
unpolitischen Wahlkampf gezeigt, dass er Inhalte nicht
besetzt. Ich fürchte, dass andere das Sagen haben, und
er nur den Grüßonkel macht. Wenn Anke Brunn gewählt
wird, dann haben wir im Rat faktisch eine große
Koalition - und das ist etwas, was eine reformorientierte
Politik wirklich verhindern würde, und unsere Position
im Rat auch nicht verbessert.
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