Johannes
Remmel, parlamentarischer Geschäftsführer der Landtagsgrünen, kann
den Wechsel von Jamal Karsli zur Egal-Partei mit „Spaßfaktor“ nur
schwer nachvollziehen.
Hat
Sie der Übertritt Ihres Fraktionskollegen Jamal Karsli zur FDP überrascht?
Johannes
Remmel: Ja. Obwohl sich in außenpolitischen Fragen bereits seit längerem
eine Entfremdung zwischen ihm und dem Rest der grünen
Landtagsfraktion abzeichnete. Umstritten war schon im Vorjahr seine
Reise in den Irak auf Einladung Saddam Husseins, vor der medico
international gewarnt hatte. Auch wir hatten ihm dringend davon
abgeraten. Wir teilten ihm damals mit, dass wir seine unkritische
Haltung gegenüber dem Unrechtsregime im Irak für äußerst
problematisch halten. Im Nahostkonflikt hat Karsli dann zunehmend eine
Richtung eingeschlagen, mit der er leicht in antisemitisches
Fahrwasser geraten kann und die nicht wenigen in der Fraktion große
Bauchschmerzen bereitete. Natürlich muss man die gegenwärtige
israelische Politik kritisieren, aber seine jüngsten Äußerungen,
Israel wende Nazi-Methoden an, verbietet sich auf Grund der deutschen
Geschichte und im Angesicht der Millionen Opfer des Nazi-Terrors
einfach. So ein Vergleich ist unsäglich. Ich habe gehofft, wir könnten
ihn durch Gespräche davon überzeugen. Aber das war leider ein
Irrtum.
Vielleicht
schafft das ja jetzt die FDP.
Johannes
Remmel: Die wird das gar nicht probieren. Wenn Karsli in seiner
Austrittserklärung verkündet, die Haltung Möllemanns im
Nahostkonflikt stimme mit seiner „völlig überein“, hat er ja
leider recht: Möllemanns einseitige Haltung gegen Israel und sein
Verständnis für Selbstmordattentäter sind ebenso unverantwortlich,
wie das, was Karsli in dieser Frage von sich gibt.
Müssten
Sie dann nicht eigentlich froh sein, dass Karsli zur FDP gegangen ist?
Johannes
Remmel: Nein, das bin nicht. Denn ich verstehe seinen Schritt
nicht. Auch wenn er im Nahostkonflikt ähnlich verquer denkt, wie Möllemann,
so hat er doch ansonsten nicht viel mit der FDP gemeinsam. Er kennt
doch die politischen Tiefflieger der Egal-Partei im Landtag. Wie will
er sich denn mit denen noch für eine glaubwürdige
Integrationspolitik einsetzen? Das interessiert die doch gar nicht.
Und wie sieht es in anderen Politikfeldern aus? Heiße Luft, mehr
nicht – aber dafür die 18 auf Brillen, Schuhen und vielleicht noch
Unterhosen: Nonsens als Politikersatz. Ich verstehe nicht, dass man
nicht über ihr fehlendes Programm diskutiert, sondern nur über ihren
vermeintlichen Spaßfaktor und ihr Machtinteresse. Bei manchen Äußerungen
sind die Politiker der Egal-Partei doch näher an 1,8 Promille als an
den vielbeschworenen 18 Prozent.
Befürchten
Sie nicht, Karslis Übertritt könnte eine Signalwirkung auch für
andere haben?
Johannes
Remmel: Das ist ein singuläres Ereignis, das in Karslis Person
begründet ist.
Ihr
Wunsch für Karsli?
Johannes
Remmel: Dass er seinen Fehler erkennt.
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