25.04.2002



Interview mit Johannes Remmel

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taz

*   "Er kennt doch die politischen Tiefflieger"
Von Pascal Beucker

Johannes Remmel, parlamentarischer Geschäftsführer der Landtagsgrünen, kann den Wechsel von Jamal Karsli zur Egal-Partei mit „Spaßfaktor“ nur schwer nachvollziehen.

Johannes RemmelHat Sie der Übertritt Ihres Fraktionskollegen Jamal Karsli zur FDP überrascht?

Johannes Remmel: Ja. Obwohl sich in außenpolitischen Fragen bereits seit längerem eine Entfremdung zwischen ihm und dem Rest der grünen Landtagsfraktion abzeichnete. Umstritten war schon im Vorjahr seine Reise in den Irak auf Einladung Saddam Husseins, vor der medico international gewarnt hatte. Auch wir hatten ihm dringend davon abgeraten. Wir teilten ihm damals mit, dass wir seine unkritische Haltung gegenüber dem Unrechtsregime im Irak für äußerst problematisch halten. Im Nahostkonflikt hat Karsli dann zunehmend eine Richtung eingeschlagen, mit der er leicht in antisemitisches Fahrwasser geraten kann und die nicht wenigen in der Fraktion große Bauchschmerzen bereitete. Natürlich muss man die gegenwärtige israelische Politik kritisieren, aber seine jüngsten Äußerungen, Israel wende Nazi-Methoden an, verbietet sich auf Grund der deutschen Geschichte und im Angesicht der Millionen Opfer des Nazi-Terrors einfach. So ein Vergleich ist unsäglich. Ich habe gehofft, wir könnten ihn durch Gespräche davon überzeugen. Aber das war leider ein Irrtum.

Vielleicht schafft das ja jetzt die FDP.

Johannes Remmel: Die wird das gar nicht probieren. Wenn Karsli in seiner Austrittserklärung verkündet, die Haltung Möllemanns im Nahostkonflikt stimme mit seiner „völlig überein“, hat er ja leider recht: Möllemanns einseitige Haltung gegen Israel und sein Verständnis für Selbstmordattentäter sind ebenso unverantwortlich, wie das, was Karsli in dieser Frage von sich gibt.

Müssten Sie dann nicht eigentlich froh sein, dass Karsli zur FDP gegangen ist?

Johannes Remmel: Nein, das bin nicht. Denn ich verstehe seinen Schritt nicht. Auch wenn er im Nahostkonflikt ähnlich verquer denkt, wie Möllemann, so hat er doch ansonsten nicht viel mit der FDP gemeinsam. Er kennt doch die politischen Tiefflieger der Egal-Partei im Landtag. Wie will er sich denn mit denen noch für eine glaubwürdige Integrationspolitik einsetzen? Das interessiert die doch gar nicht. Und wie sieht es in anderen Politikfeldern aus? Heiße Luft, mehr nicht – aber dafür die 18 auf Brillen, Schuhen und vielleicht noch Unterhosen: Nonsens als Politikersatz. Ich verstehe nicht, dass man nicht über ihr fehlendes Programm diskutiert, sondern nur über ihren vermeintlichen Spaßfaktor und ihr Machtinteresse. Bei manchen Äußerungen sind die Politiker der Egal-Partei doch näher an 1,8 Promille als an den vielbeschworenen 18 Prozent.

Befürchten Sie nicht, Karslis Übertritt könnte eine Signalwirkung auch für andere haben?

Johannes Remmel: Das ist ein singuläres Ereignis, das in Karslis Person begründet ist.

Ihr Wunsch für Karsli?

Johannes Remmel: Dass er seinen Fehler erkennt.


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