taz: Herr
Richter, für wie wichtig erachten Sie den Einsatz von Migranten bei
der Polizei?
Frank Richter: Für
ausgesprochen wichtig. Gerade in Gegenden mit einem hohen Anteil ausländisch
stämmiger Bevölkerung ist es nun einmal sinnvoll, Kollegen mit
Migrationshintergrund einsetzen zu können. Dabei geht es nicht nur um
die Sprache, die kann angelernt werden, sondern vor allem um Mentalitäten.
Häufig sind es ja Eskalationen, die eintreten, weil man bestimmte
Spielregeln nicht kennt. Von daher wäre es natürlich wünschenswert,
wenn wir hier mehr Kollegen hätten, die in diesen Bereichen ganz
speziell eingesetzt werden können.
Per
Ausnahmegenehmigung können auch Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft
in Nordrhein-Westfalen Polizeibeamte werden. Hat sich diese Regelung
bewährt?
Frank Richter:
Tatsächlich gibt es seit geraumer Zeit die Möglichkeit, dass auch
jemand ohne deutsche Staatsbürgerschaft oder die eines anderen
EU-Landes in den Polizeidienst in Nordrhein-Westfalen aufgenommen
werden können. Konkret heißt das, dass auch Menschen aus einem
Nicht-EU-Land eingestellt werden, deren Nationalität in NRW weit
verbreitet ist, zum Beispiel Türken. Allerdings haben bislang nur
wenige dieses Angebot wahrgenommen. Es handelt sich um nicht mehr als
eine handverlesene Gruppe.
Trotz des
"ausdrücklichen Wunsches" des Innenministeriums sind in
ganz NRW seit Anfang der 90er Jahre gerade einmal rund 50 Bewerber
ohne deutschen Pass eingestellt worden. Woran liegt das?
Frank Richter:
Da gibt es sehr unterschiedliche Gründe. Bei vielen Türken liegt es
beispielsweise daran, dass sie die Polizei nicht unbedingt zum
"freundlichen Lager" zählen. Das ist bisweilen familiär
begründet und hat teilweise seine Ursache in den Verhältnissen in
der Türkei. Also: Polizist zu werden, gehört hier nicht unbedingt zu
den Traumjobs.
Sollte da nicht
einfach gezielter geworben werden?
Frank Richter:
Ja, auf jeden Fall. So sollte schon in den Schulen gezielter auf
bestimmte Gruppen zugegangen werden, um Vorbehalte abzubauen und sie für
den Polizeidienst zu interessieren.
Welche Ursachen für
die Unterrepräsentanz gibt es noch?
Frank Richter:
Zum einen liegt es natürlich auch an der hohen Einstiegshürde: Da
die Polizei in NRW gegenwärtig nur noch Menschen mit Abitur
einstellt, jedoch Nicht-Deutsche prozentual nur unterdurchschnittlich
häufig Abitur machen, gibt es schon bei der notwendigen Qualifikation
das erste Problem. Ein weiteres ist, dass viele den Einstellungstest
nicht bestehen. So ist eine Voraussetzung auch, dass sie sechs Jahre
lang Englisch gelernt haben müssen. Das ist gerade für
Russland-Deutsche eine besondere Schwierigkeit, da sie vielfach in der
Schule kein Englisch gehabt haben. Hinzu kommt ferner noch die enorme
Konkurrenz: Auf eine offene Polizistenstelle kommen ungefähr zehn
Bewerber. Da bleiben etliche vorzeitig auf der Strecke.
Müssen
Kandidaten aus einem Nicht-EU-Land nicht außerdem noch eine zusätzliche
Qualifikation vorweisen?
Frank Richter:
Ja, das stimmt. Ein Kriterium ist, dass der entsprechende Bewerber
auch noch seine Muttersprache richtig beherrschen muss. Das ist, auch
wenn man es kaum glauben kann, mittlerweile gerade bei Türken der
dritten oder vierten Generation ein ganz, ganz großes Problem.
Würden Sie es für
sinnvoll erachten, eine Quote für Menschen ausländischer Herkunft
einzuführen?
Frank Richter:
Nein, das halte ich nicht für sinnvoll. So eine Quote gibt es in den
Niederlanden, sie hat sich nicht bewährt. Um die Quote zu erreichen,
wurden hier die Einstellungsvoraussetzungen heruntergesetzt. So wurde
ein Zwei-Klassen-System geschaffen: Für die einen galt die, für die
anderen jene Norm. Das halte ich nicht für gut.
z u r p e r s
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FRANK RICHTER,
47, ist Polizeihauptkommissar und Vorsitzender der Gewerkschaft der
Polizei (GdP) in Nordrhein-Westfalen.