05.05.2006



Interview mit Klaus Riekenbrauk

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taz

*  "Platzverbote haben sich deutlich vermehrt"
Von Pascal Beucker

Straßenordnungen sollen Einkaufsmeilen bettelfrei machen, sagt Klaus Riekenbrauk von der FH Düsseldorf.

Herr Riekenbrauk, wie ist die Idee zu dem von Ihnen mit veranstalteten Berbersymposium entstanden?

Klaus Riekenbrauk: Das kam über den Kontakt der Fachhochschule zu Streetworkern, die sich mit Menschen beschäftigen, die auf der Straße leben beziehungsweise sich dort aufhalten. Denn die sind besonders betroffen von der Düsseldorfer Straßenordnung.

Welche Probleme gibt es denn damit?

Klaus Riekenbrauk: Zum einen liegt die Schwierigkeit in Formulierungen der Satzung, die in ihrer Unbestimmtheit die Grenze zwischen Verbotenem und Erlaubten überhaupt nicht deutlich machen und damit ein Einfallstor für Willkür bieten. Das lässt sich zum Beispiel an Begriffen wie "aggressives Betteln" oder "Lärmen" festmachen. Zum anderen gehen wir davon aus, dass diese Straßenordnung ohnehin im wesentlichen überflüssig ist, weil es bereits in anderen Gesetzen Regelungen gibt, die dieses vorgeblich zu ahndende Verhalten betreffen, so etwa den Nötigungsparagrafen im Strafgesetzbuch.

Warum wurde sie dann überhaupt verabschiedet?

Klaus Riekenbrauk: Die Straßenordnung ist verabschiedet worden, weil man Belästigungen insbesondere auf bestimmten Einkaufsmeilen verhindern wollte, damit der "Einkaufsevent" nicht beeinträchtigt wird. "Herumlungernde Gestalten" sind etwas, was stört - und deshalb im öffentlichen Raum nicht mehr geduldet werden soll. Diese Tendenz ist auch in anderen Städten zu beobachten.

Was hat sich am Vorgehen gegen so genannte unerwünschte Elemente seitdem konkret geändert?

Klaus Riekenbrauk: Die Vertreibungen, die Platzverbote, die haben sich deutlich vermehrt. Menschen, die auf der Straße leben, auch Punker oder Drogenabhängige, sehen sich immer wieder Reglementierungen und Drangsalierungen durch den so genannten Ordnungs- und Servicedienst der Stadt, kurz OSD, ausgesetzt.

Welche Möglichkeiten haben Betroffene, sich gegen Maßnahmen des Ordnungsdienstes zu wehren?

Klaus Riekenbrauk: Die Betroffenen haben eine Reihe von Rechtsmitteln, um sich zu wehren: So können sie gegen ein Platzverbot Widerspruch einlegen oder auch Klage erheben. Nur: Sie haben in der Regel eben nicht im ausreichenden Maße eine Beschwerdekompetenz, die sie in die Lage versetzt, die entsprechenden Rechtsmittel auch zu gebrauchen.

Warum haben Sie ausgerechnet die Kö zum Tagungsort Ihrer ungewöhnlichen Fachtagung erkoren?

Klaus Riekenbrauk: Die Königsallee ist eine Straße, auf der sehr deutlich wird, wie groß das Gefälle zwischen Reichtum und Armut in dieser Stadt ist. Gerade an dieser Straße entfacht sich immer wieder ein Streit über den Umgang mit Randgruppen, zum Beispiel mit Bettlern oder anderen Menschen, die auf der Straße leben - das mündet in Forderungen, die Kö zu einer bettelfreien Zone zu erklären.

Düsseldorf gilt gemeinhin als Hochburg des rheinischen Frohsinns. Nun untersagt die Straßenordnung auch "Störungen in Verbindung mit Alkoholgenuss". Hat das nicht gravierende Auswirkungen auf den Karneval?

Klaus Riekenbrauk: Eigentlich müsste zu Zeiten des Straßenkarnevals der OSD drastisch personell aufgestockt werden, um die gesamten zu dieser Zeit stattfindenden Verstöße auch zu ahnden. Das wird natürlich nicht gemacht, es geht hier ja schließlich um Traditionspflege. Übrigens ist der Alkoholgenuss und die damit verbundenen Störungen auch zu anderen Jahreszeiten weiterhin erlaubt - in so genannten zugelassenen Freischankzonen. Ein Wohnungsloser allerdings, der zwei, drei Meter weiter außerhalb dieses Bereiches das Gleiche tut, hat leider Pech.


z u r  p e r s o n

Professor KLAUS RIEKENBRAUK, 59, lehrt Rechtswissenschaften an der Fachhochschule Düsseldorf und ist Mitinitiator des 1. Düsseldorfer Berbersymposiums.


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