Ex-Landesumweltministerin
Bärbel Höhn fordert von ihrem Nachfolger mehr Engagement gegen Giftmüllimporte.
taz:
Frau Höhn, was werden Sie den besorgten Hertener Bürgern sagen, mit
denen Sie am heutigen Dienstag Abend über den geplanten Giftmülltransport
aus Australien sprechen?
Bärbel Höhn:
Ich kann ihre Sorgen nachvollziehen. Wenn sich eine Ruhrgebietsstadt
damit profilieren will, dass sie weltweit Problemmüll akquiriert,
damit es bei ihr verbrannt werden kann, ist das keine gute Strategie für
die Menschen, die dort leben müssen.
Auch
Ihr Amtsnachfolger Eckhard Uhlenberg kritisiert den Giftmüllimport
aus Down Under, sieht aber keine rechtlichen Möglichkeiten, ihn zu
verhindern. Teilen Sie diese Auffassung?
Bärbel
Höhn: Es wundert mich schon, wie locker die jetzige
Landesregierung mit diesem Thema umgeht. Meines Erachtens versteckt
sich Herr Uhlenberg hinter der Ausrede, rechtlich nichts machen zu können.
Auch wenn dies vielleicht so sein sollte, blieben ihm noch etliche Möglichkeiten
des Handelns. Tatsächlich hat er jedoch bisher keinerlei Aktivitäten
entfaltet, um andere Lösungen zu finden.
Wie könnten
die aussehen?
Bärbel
Höhn: Seine Aufgabe ist es doch nicht, nur Gesetze konservativ
auszulegen. Als Umweltminister ist er auch in einer Position, in der
er moderieren kann. Falls er wirklich dagegen ist, dass der
australische Giftmüll nach NRW kommt, muss er mit den hiesigen
Akteuren als auch den in Australien darüber sprechen, ob es nicht
Alternativen gibt.
Am
Anfang Ihrer politischen Karriere stand das Engagement in einer Bürgerinitiative
gegen Giftmüllverbrennung. In Ihrer Amtszeit als
Landesumweltministerin importierten über 50 Länder aus allen
Regionen der Welt ihren Giftmüll zur Verbrennung nach NRW. Ist das
nicht eine frustrierende Bilanz?
Bärbel
Höhn: Zu Beginn meiner Amtszeit bin ich damit konfrontiert
worden, dass aufgrund einer falschen Politik in den 80er bis Mitte der
90er Jahre in Nordrhein-Westfalen fatale Überkapazitäten geschaffen
worden sind. Es ist genau eingetreten, was wir in den Bürgerinitiativen
seinerzeit prognostiziert hatten: Diese überdimensionierten Müllverbrennungsanlagen
werden sich zu Müllstaubsaugern entwickeln. Ich bin mit diesem
Problem sehr sorgfältig und sensibel umgegangen und habe einiges
getan, das Schlimmste zu verhindern. Die schwarz-gelbe Landesregierung
versucht jetzt, zu suggerieren, es sei schon immer ganz viel Müll aus
dem Ausland gekommen. Aber da muss differenziert werden: Der Großteil
des ausländischen Mülls kam aus den Niederlanden oder aus Belgien.
Solche Importe aus grenznahen EU-Ländern, bei denen der Transportweg
kürzer ist als der aus Sachsen, unterscheiden sich fundamental von Müll
aus Australien, da alleine schon aufgrund des langen Weges mit diesem
weit mehr Probleme verbunden sind.
Nordrhein-Westfalen
diene mittlerweile als "das Müllklo für die ganze Welt",
konstatiert der BUND. Was muss geschehen, damit sich das ändert?
Bärbel
Höhn: Auf jeden Fall dürfen die Fehler der Vergangenheit nicht
wiederholt werden. Momentan sieht es jedoch so aus, dass Kapazitäten
sogar weiter ausgeweitet werden. Dadurch wird das Problem noch vergrößert.
Das ist eine verhängnisvolle Fehlentwicklung.
z u r p e r s
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BÄRBEL HÖHN,
54, war von 1995 bis 2005 NRW-Umweltministerin und ist heute
Vize-Vorsitzende der grünen Bundestagsfraktion.
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