06.09.2001



Interview mit Rudi Schumacher

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taz

*   "Wir müssen über den Kampf zum Spiel finden"
Von Pascal Beucker

Grüner Landtagsfraktionssprecher unterstützt Ewald Lienen.

Rudi SchumacherHerr Schumacher, Sie planen, eine Initiative zur Unterstützung von Ewald Lienen zu gründen. Was bezwecken Sie damit?

Rudi Schumacher: Es stimmt, dass es in meinem Freundes- und Bekanntenkreis entsprechende Überlegungen gibt. Der Hintergrund ist einfach: Wir stellen fest, dass erstens der FC einen guten Trainer hat und zweitens seit Wochen versucht wird, diesen wegzuschreiben – je weniger Sachverstand, aber desto engagierter. Fachlich ist das in keiner Weise gerechtfertigt. Ich finde, Köln hat nicht nur einen Bundesligaverein verdient, sondern auch eine erstklassige Berichterstattung über ihn. Doch das, was im Kölner Blätterwald rauscht, ist weder fair noch angemessen. Lienen kann machen, was er will, die Meinungsmacher grätschen dazwischen. Es wäre schade, wenn dieses Gebolze zum Erfolg führen würde.

Tatsache ist jedoch, dass der 1. FC Köln auf einem Abstiegsplatz steht. Wenn es nicht am Trainer liegt, woran dann? Ist die Doppelspitze schuld?

Rudi Schumacher: Das glaube ich nicht. Timm war lange verletzt. Das war Pech. Aber er ist ein sehr guter Spieler und kommt jetzt wieder. Ich gehe davon aus, dass auch Marco Reich noch eine gute Entwicklung haben wird. Reich hatte noch keinen Fuß auf den Kölner Boden gesetzt, da wurde er schon schlecht geschrieben. Da ist es doch kein Wunder, dass er bisher sein Potenzial nicht ausschöpfen konnte. Das hat ihn völlig verunsichert. Sein Stinkefinger-Ausfall war eine Reaktion darauf. Übrigens eine klassisch kölsche: der legendäre Petermann hat in einer extremen Stresssituation auch so reagiert.

Der ist erschossen worden.

Rudi Schumacher: Ja, aber nicht wegen seinem erigierten Zeigefinger, sondern weil er den Zoodirektor gebissen hat. Außerdem sind die Kölner lernfähig: Wenn Reich erst mal richtig zubeißt, werden die Fans ihn feiern.

Liegt dann die Krise vielleicht daran, dass der FC zu wenig rotiert?

Rudi Schumacher: Wir Grünen haben die Rotation schon seit langem aus gutem Grund abgeschafft. Es wäre Unsinn, wenn der FC damit jetzt anfangen würde. Rotation ist etwas für potente Spitzenteams. Die kann nur funktionieren, wenn es genügend gute Spieler zur Auswahl gibt – und die muss man sich leisten können. Der FC hat jedoch bei weitem nicht die Mittel, die Bayern, Dortmund oder Leverkusen zur Verfügung haben. Da hat Lienen gar nicht die Chance, mal eben sechs, sieben Spieler auszutauschen, ohne dass es zu einem Einbruch kommt.

Als Grüner sind Sie im Abstiegskampf geübt. Was würden Sie Lienen raten?

Rudi Schumacher: Ich rate Ewald Lienen, die Nerven zu behalten. Die letzten Spiele haben gezeigt, dass der FC auf einem guten Weg ist. Ich bin sicher, dass jetzt auch der Erfolg wiederkommt. Inzwischen sind wieder alle Mann an Bord und Lienen kann aus dem Vollen schöpfen. Seinen Weg muss er unbeirrt fortsetzen. So machen wir das auch bei den Grünen.

Ob Sie damit Erfolg haben werden, ist jedoch ungewiss.

Rudi Schumacher: Ein schlauer Mensch hat mal gesagt: Wichtig ist aufm Platz. Da sehe ich beim FC gute Ansätze. Die Spieler haben die Ärmel aufgekrempelt. Ich glaube, dass die kämpferische Einstellung stimmt. Wenn jetzt die spielerischen Momente durch die wiedergenesenen Timm und Lottner hinzukommen, wird der FC eine erfolgreiche Zukunft haben. Wir müssen über den Kampf zum Spiel finden – das geht dem FC so, das geht den Grünen so. Insofern sitzen Grüne und FC praktisch im gleichen Boot. Und wir werden auch beide erfolgreich sein: Der FC wird die Klasse erhalten und wir Grünen werden auch in der nächsten Saison international spielen.


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